Freitag, 12. Dezember 2014

Schlaflos mit Gewalt

Je später der Abend, desto schärfer das Messer, denkt Betti. Kaum gehen draußen die Lichter aus, schleicht sich Dunkelheit hinter die Stirn. Manche Idee, die dann dort wohnt, dürfte einem bei Tageslicht nicht begegnen. 

Man müsste sich schämen. Fürchten sogar. Aber in der Nacht, wenn das Hirn langsam runterfährt und die Gedanken sich selbständig machen, liegt die Sache anders. Die Musik wird lauter, die Filme brutaler und die Gespräche weniger wortlastig. Warum sich nicht gepflegt besaufen? Warum sich nicht prügeln oder einen Fremden mit nach Hause nehmen? 

Ist ja dunkel draußen. Sieht doch keiner. Ein blutiges Steak schmeckt zum Abendessen am besten, oder etwa nicht? 

Die Nacht ist die Freundin der Nacht, denkt Betti. Wo Schatten sind, sind immer noch mehr Schatten. Den eigenen muss man im Auge behalten, bis die Sonne aufgeht.






Mittwoch, 10. Dezember 2014

Euphorie ist besser...

Es gibt Ideen. Und es gibt Erleuchtung. Das Erste ist nett und notwendig, das Zweite ein Lebenselixier, denkt Betti. Der Moment, in dem der Blitz einschlägt, die Wolken zerreißen und man glasklar erkennt, wohin die Reise gehen muss, ist der größte überhaupt. Wie ein Aufschrecken aus traumlosem Schlaf, und plötzlich ist man mittendrin in einem neuen, noch ungeschriebenem Kapitel des Lebens.

Es kribbelt auf der Haut. Es rumort in den Eingeweiden. Jeder Nerv singt seinen Ton in diesem Lied. Unmöglich, jetzt noch die Füße stillzuhalten! Vorwärts drängt es, barfuß über unbekanntes Terrain, immer der Sonne entgegen, die irgendwo da draußen gerade aufgegangen ist. Die Richtung stimmt, das spürt man einfach. Und läuft. Diesmal wird uns nichts aufhalten, wir werden erreichen, was wir erreichen wollen. Müssen!

So läuft man, und läuft, bis die Euphorie irgendwann nachlässt und man zwei Dinge feststellt: 1. Die Sonne scheint heller als vorher, in ihrer ganzen Pracht steht sie am Himmel und lockt. Aber erreichen lässt sie sich nicht...

Und 2.: Man ist ein gutes Stück gelaufen. Die Richtung hat gestimmt. Alles ist gut.

Donnerstag, 4. Dezember 2014

Musik...

... ist eine Gnade, denkt Betti. Manche Dinge kann man nicht in Worte fassen. Man braucht einen Rhythmus, einen Sound, um sie zu begreifen. Und wenn man selbst komplett unmusikalisch ist, braucht man andere dafür. Die müssen dann natürlich genau das zum Ausdruck bringen, was man selbst nicht schafft. Sonst wäre es nur Lala, und davon gibt es schon genug.

Gut dass das, was für den einen nur Lala ist, einen anderen zu Tränen rührt. Mit Geschmack hat das nichts zu tun, denkt Betti, sondern mit dem richtigen Moment. Wenn man im richtigen Moment genau die richtige Musik hört, entsteht eine magische Verbindung zwischen beiden. Irgendwo im Kopf. Da, wo der Ton ein Gefühl erzeugt und zukünftig immer wieder erzeugen wird.

Hinterher braucht man nicht mehr den Moment, sondern nur noch die Töne - und das Gefühl ist wieder da. Wenn die passenden Momente grade aus sind, ist das eine Gnade...






Montag, 1. Dezember 2014

Alt werden...

... ist scheußlich, denkt Betti manchmal. Wenn sie morgens aufwacht und der Rücken kreischt. Wenn sich das Makeup in den Augenfalten absetzt. Oder wenn sie über einen Witz nicht lachen kann, weil sie ihn schon zum hundertsten Mal erzählt bekommt. Das Leben hat eine unangenehme Tendenz zu Grau, wenn man alt wird. Alles schon mal gehabt, gesehen, gefühlt. Die Null-Linie als roter Faden...

"Man ist so jung, wie man sich fühlt" ist ein Scheißspruch, wenn die Knie wehtun und man sich plötzlich eine Mütze aufsetzt, weil jeder Windhauch in den Ohren zwickt. Aber ein bisschen wahr ist er schon. Das merkt man, wenn man mitten in der Nacht zum Fluss hinunter geht, Schuhe und Strümpfe auszieht und bis zu den Knien ins Wasser watet. Die Sterne funkeln - und plötzlich ist man jünger, als man jemals war. Damals, als man jung war, hat man davon geträumt. Jetzt tut man es einfach mal. Weil man mutiger geworden ist mit den Jahren.

Am nächsten Morgen tun die Knie natürlich ein bisschen mehr weh als sonst. Aber das kennt man ja schon. Alles nicht so schlimm.

Nein, eigentlich sogar fantastisch!

Donnerstag, 27. November 2014

Anders sein...

... ist manchmal die einzige Option, nämlich immer dann, wenn alles andere nicht mehr auszuhalten ist. Betti denkt, dass es sich lohnt darüber nachzudenken, wie man gerne wäre. Eigentlich. Oder wenigstens ab und zu. Wäre man immer anders, wäre es ja auch nicht anders, sondern bloß normal. Wer will schon immer normal sein?

Normal ist aus der Mode, denkt Betti, und genau das ist das Problem. Man kommt sich blöd vor, wenn man normal ist. Dummerweise ist man für sich selbst irgendwie immer normal, man kennt sich schließlich schon ein paar Jahre. Hat sich an sich gewöhnt, findet nichts Besonderes mehr an sich. Deshalb wäre man gerne anders. Man stellt sich vor den Spiegel und überlegt, wie das aussehen würde: Mutiger vielleicht, wilder oder schöner.

An Phantasie mangelt es schon mal nicht. Vorstellen kann man sich alles, kostet ja auch nichts. Dann übt man ein bisschen, wird vielleicht ein bisschen lauter beim Reden; kauft sich eine Jacke, die auch der Tochter stehen würde, oder fährt zur Abwechslung mal nicht nach Amrum. Das hätte man schon längst machen sollen. Fühlt sich nämlich gut an. Anders eben.

Aber eigentlich ist es das nicht, denkt Betti, auch wenn vielleicht alle sagen: "Mensch, du bist aber anders in letzter Zeit!" Irgendwie war man schon immer ein bisschen so. Sonst wäre man doch auf die Idee mit der Jacke gar nicht gekommen. Früher hatte man auch so eine, aber da war das noch normal.

Mittwoch, 26. November 2014

Lesen...

... denkt Betti, ist fast genauso gut wie Schreiben und fast aus denselben Gründen. Weil es spannend ist, die Gedanken eines anderen aus der Ferne zu teilen. Man sieht sie besser aus der Ferne, vielleicht, weil man selbst dabei nicht so eine große Rolle spielt. Sie rollen heran wie kleine Wellen oder riesige Brecher und man kann ihnen in aller Ruhe dabei zusehen. Bis sie die Füße erreichen, die Knie, das Kinn - oder über dem Kopf zusammenschlagen. Wenn man es zulässt.

Leserunde

Betti denkt sich...

... Zeit für meinen ersten Blog, denkt sich Betti. Warum? Weil Betti gerne denkt und ihr das Schreiben dabei hilft. Überhaupt... schreiben: Es gibt nichts Schöneres, als Wörter zu Sätzen zu formen, bis sie einen Gedanken genau so beschreiben, wie er ist. Oder noch besser. Denn manchmal passt sich der Gedanke den Wörtern an, wird größer, schöner und tiefer. Aber vor allem wird er verständlich.

Jedenfalls, wenn es gut läuft.

Betti denkt, dass Wörter doch schließlich dazu da sind, um verstanden zu werden. Beim Sprechen vergisst man das manchmal, beim Schreiben nur ganz selten. Deshalb also das Schreiben... Interessant wird es, wenn man die Wörter völlig neu verbindet, weil dann ein Satz entsteht, der einem ganz alleine gehört. Solche Sätze sind Schätze - auch wenn sie sich nicht reimen :).
Ab und zu entstehen sogar neue Wörter, die besser sind als die alten. Kohlschwarzfarbene, schmetterlingsflügelschillernde Wörter, die dem Rechtschreibprogramm überhaupt nicht gefallen.
Scheiß drauf, denkt sich Betti. Einfach machen. Hauptsache, man weiß, was man tut.